Nicolas Winding Refn, Ryan Gosling und Cliff Martinez tun sich wieder zusammen und geben dem Film somit das Potential, ein neuer Kracher zu werden. Nachdem ich vor einiger Zeit die ersten Trailer gesehen habe, war ich heiß wie Frittenfett auf den Streifen. Und, was soll ich sagen?!
Ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich kann gar nicht so genau sagen, warum, aber irgendwie war das nicht so das, was ich mir vorgestellt habe. Ich versuche mal, das Ganze zu strukturieren und euch einen Einblick zu geben.
Bleiben wir erstmal beim handwerklichen: Nicolas Winding Refn schafft zusammen mit Larry Smith atemberaubende Bilder und leuchtet jede Szene unfassbar gut aus. Jeder Frame ist Kunst. Refn und Smith fangen mit den Farben und Lichtern die düstere Stimmung des dreckigen Bangkok perfekt ein und lassen einen in diese Unterwelt abtauchen.
Dazu der klasse Score von Cliff Martinez, der zu jedem Moment passt. Mal ruhig und zurückhaltend, trotzdem dramatisch und fesselnd. Bei der nächsten Szene dann brachial und vordergründig aber nie aufdringlich.
Dann ist da aber diese Story und das dazugehörige Script. Ich versuche den Plot mal kurz zusammen zu fassen. Julian, gespielt von Ryan Gosling, betreibt eine Martial Arts Schule, wo regelmäßig Turniere veranstaltet werden, die aber nur dazu dienen, die eigentlichen Drogengeschäfte zu vertuschen. Zusammen mit seinem Bruder Billy verdient er sich so seinen Lebensunterhalt. Besagter Billy ist eines abends stark betrunken unterwegs und landet mit einer kleinen Prostituierten im Bett. Das Spielchen endet in einem Blutbad und eher nicht so gut für das Mädel. Jetzt mischt sich die Polizei ein, angeführt von Chang (großartig gespielt von Vithaya Pansringarm). Chang macht den Vater des Mädchens ausfindig und überlässt es ihm, was er mit Billy anstellt. Von seiner Wut getrieben, bringt er Billy auf nicht allzu schöne Art und Weise zur Strecke.
Als sie vom Tod ihres Erstgeborernen erfährt, reist Julians Mutter nach Bangkok und spätestens jetzt höre ich auf, diesen wirren Handlungsstrang weiter auszuführen. Erstens weil ich zu viel verraten würde, zweitens, weil es so schon reichlich kompliziert ist, alle Windungen und Wendungen zu verstehen.
So schlecht klingt die Story ja gar nicht, warum funktioniert Only God Forgives dann nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte? Ganz einfach. Da ist die Charaktertiefe, die ich in Drive so lieben gelernt habe, die hier aber leider komplett fehlt, bzw. erst gegen Ende es Films entwickelt wird, wo es schon viel zu spät ist. Man weiß nicht, wer Julian ist, man weiß nicht, warum er so ist, wie er ist. Und das ist leider nicht nur bei Julian so, sondern bei fast allen Charakteren.
Dazu kommt die extreme Ruhe des Films und das gewollt langsame Pacing. Da gibt es minutenlange Einstellungen, in denen nicht ein Wort gesprochen wird und im schlimmsten Fall nicht einmal Töne des tollen Scores zu vernehmen sind. Die gab es in Drive zwar auch, aber der Cut kam immer zur rechten Zeit und hat einen quasi rechtzeitig wieder gefangen.
Schauspielerisch gibt es nicht viel zu bewerten. Alle machen einen soliden Job, Gosling hat gefühlte vier Sätze Text und Kristin Scott Thomas (spielt die Mutter) macht das Beste aus dem Material, was ihr gegeben wurde.
Der Streifen lässt viel Raum für Interpretationen und regt im Nachhinein auch ein wenig zum Nachdenken ein, was ihn für mich wieder aufwertet. Ich denke, man muss Only God Forgives einige Male schauen, um ihn in seiner Gesamtheit zu verstehen. Es ist eben kein Film wie jeder andere. Trotz seiner Mängel muss ich eine klare Empfehlung aussprechen. Er ist gut, aber nicht so gut, wie erhofft.
7 / 10
Dank deiner Kritik werde ich wohl abwarten, bis der Film bei Sky gesendet wird. Ich werde mich wohl immer dabei ertappen, diesen Film an Drive zu messen...aber seien wir mal ehrlich. müssen nicht alle filme an diesem vergleich scheitern?
AntwortenLöschenGruß
Otti